„Wenn mich Seifenblasen zu dir führen“

eine Erzählung von Anke K.

Mein Name ist Anke.

Gerade bin ich unterwegs durch die Straßen von Stockholm. In diese Stadt bin ich dank meines Mannes Gerry gekommen. Fast 30 Jahre waren wir verheiratet. Und wir sind es immer noch. Man sagt zwar „bis, dass der Tod euch scheidet“, doch ich habe nicht das Gefühl, dass Gerry jemals von mir gegangen ist. Obwohl er vor fast genau einem Jahr verstorben ist, erinnert mich jeden Tag noch sehr vieles an ihn. Dinge, die mich ganz nahe zu ihm führen. Zu seiner fröhlichen Art, seiner Herzlichkeit und dem Strahlen in seinen Augen. So liebte auch Gerry Tage wie heute. An denen sich die Oktobersonne für ein paar wenige Stunden über den Dächern der Stadt erhebt. Eine Stadt, die sehr viel Lebensfreude bündelt und eine gewisse Leichtigkeit ausstrahlt. 

Ich spaziere, begleitet von meiner Tochter, durch die verwinkelten Gassen, vorbei an zahlreichen Geschäften, Museen und Kirchen, bis hinein in die Einkaufsstraßen im Zentrum der Stadt. Dort, wo zahlreiche Touristen und Einheimische rauchend und lachend vor den Bars sitzen und - so scheint es zumindest - den schwedischen Herbst genießen. Umgeben von diesen zahlreichen fröhlichen Menschen und gewärmt von den Strahlen der Sonne fühle auch ich mich besonders wohl. Meine Gedanken schweifen ab, als plötzlich zahlreiche Seifenblasen meinen Weg kreuzen. 

„Stopp, bleib stehen und lass sie fliegen.

Mach sie nicht kaputt. Wer weiß, wie weit sie noch kommen“, höre ich Gerry lachend ausrufen und bleibe wie angewurzelt stehen. Meine Tochter realisiert erst gar nicht, dass sich ihr „Vorsprung“ zu mir gerade um einiges vergrößert. Nach einer halben Minute wendet sie sich mir mit einem fragenden Blick zu.

Ich kann nun schlecht sagen, dass Gerry warten möchte, bis die Seifenblasen des Stockholmer Straßenkünstlers vorübergezogen sind. Also sage ich nichts. Genieße einfach seine Anwesenheit. Seifenblase für Seifenblase. Mein Blick fällt auf meine linke Hand. Gerry hat unsere Ringe damals extra für uns anfertigen lassen. Meinen Ehering trage ich noch immer. Weil wir uns nie getrennt haben, und mich noch so vieles an meinen wunderbaren Gerry erinnert. Ein Lächeln kommt mir über die Lippen und ich stelle mir vor, ob mich eine der Seifenblasen wohl mal zu ihm führt. Denn wer weiß schon, wie weit die wirklich fliegen.“